Familie Ferdinand Ermann


Die Familie Ferdinand Ermann

meldete sich am 24.09.1935 zunächst nach Frankfurt am Main ab. Ihr Sohn Richard gelangte im Juni 1939 mit dem Kindertransport nach England, wo er mit seinem Vater zusammentraf, der bereits durch ein Visum nach London gelangte. Im September folgten ihnen die Mutter Melitta und der zweite Sohn Manfred. Aufgrund eines ungeplanten Aufenthalts in Holland trafen die beiden erst Mitte Dezember in England ein. Von dort emigrierte die Familie gemeinsam nach New York / USA.

Bis zu ihrem Wegzug nach Frankfurt im Jahre 1935 wohnte die Familie Ferdinand und Melitta (*1899) Ermann mit ihren beiden Söhnen Richard (*1923) und Manfred (*1934) in der Heinrichstraße 5.

Ein Kaufhaus befand sich im Besitz von Ferdinand und Melitta Ermann. Verkauft wurden hier vor allem Kleidung und Kurzwaren, sowie Herrenüber- Damen- und Kinderbekleidung. Aber auch Schuhe, Möbel, Spielwaren und Lebensmittel wurden im Sortiment geführt. Im Ort waren die Inhaber von vielen der Bürger sehr geschätzt, da sie oft für die ärmeren Bürger Verständnis zeigten und deshalb Wolle für Kleidungsstücke in Kleinstmengen verkauften und den benötigten Rest solange aufbewahrten, bis ihn die Kunden bezahlen konnten . Das Gebäude wurde zudem noch als Wohnhaus genutzt. So hatte man im unteren Stock außer dem Verkaufsbereich noch ein Wohn- und ein Schlafzimmer. Im oberen Stockwerk befanden sich noch mehrere Schlafzimmer und Gästezimmer, von denen einige vermietet wurden.

Bevor die Familie Ermann in die USA einwanderte, hatte sie noch einen langen Weg vor sich. Während der Vater Ferdinand zunächst nach England emigrierte und sein Sohn Richard mit durch den Kindertransport dorthin gelangte, waren die Mutter und Richards jüngerer Bruder zur gleichen Zeit noch in Frankfurt.

Erst durch Beziehungen des Großonkels der Mutter, Max Wachenheimer, bekamen sie die Erlaubnis zur Ausreise nach England. Das Datum der Abreise war der erste September. Als der Zug mit den beiden kurz vor der deutsch-holländischen Grenze war, bekam man die Nachricht, dass deutsche Truppen in Polen einmarschiert waren und somit der Krieg begonnen hatte. Der Zug stoppte an der holländischen Grenze. Eine Weiterfahrt war nicht mehr möglich. Man befand sich nun im Niemandsland.

Geistesgegenwärtig griff Melitta Ermann ihren Koffer nahm den fünfjährigen Manfred unter den Arm und rannte hinüber auf holländischen Boden. Die beiden waren vorerst gerettet. Allerdings war die Seegrenze zwischen den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich gesperrt und eine Hälfte der Ermanns saß in Rotterdam fest. Aufgrund der Unterstützung einer jüdischen Organisation wurde man dort aber bis zum Dezember 1939 sicher untergebracht. Bereits Ende November erhielten Melitta und Manfred ihr Einreisevisum für die USA. Mitte Dezember kam es zur Ausreise. Mit der S.S.

Volendam liefen Manfred und seine Mutter aus dem Hafen von Rotterdam Richtung England aus.

Am 19.Dezember traf das Schiff in Southampton ein, wo Richard und sein Vater Ferdinand schon auf den Rest der Familie warteten. Sie kamen an Bord und die ganze Familie trat wieder vereint den langen Schiffsweg nach Amerika an.

Im Dezember 1939 erreichte die Familie Ermann New York. Dort blieben sie bis 1952. Richard heiratete im Jahre 1945 seine Frau Ruth. Die Ehe brachte ihnen drei Kinder.

1952 zog die Familie nach Oshawa ins benachbarte Kanada. Richard eröffnete dort eine Druckerei, die bis heute in Familienbesitz geblieben ist. Als er 1978 für sich und seine Frau eine Eigentumswohnung in Florida kaufte, wurde er, wie er sich selbst gerne bezeichnet, zum „snowbird“ und pendelte fortan zwischen Kanada und den USA.


Das Kaufhaus Ermann in der Heinrichstraße war immer gut besucht.


Schulklasse in Biebesheim
Schüler dieser Klasse ist Richard Ermann. Er ist in der hinteren Reihe als 2. von rechts zu sehen.
Das Foto wurde im Jahr 1929 aufgenommen.


Das letzte gemeinsame Foto der Familie Ermann in Deutschland.


Texte aus jüdisches Leben in Biebesheim Fotos Bildrachiv des Heimatmuseums Biebesheim am Rhein